Exkursion nach Erfurt zur ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der DDR-Staatssicherheit
Im Rahmen des Geschichtsunterrichts unternahmen am Dienstag, dem 09.01.2024, die Klassen 10R, 10A3 und 10B3 eine Exkursion in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt zur Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße, der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit der DDR. Frau Fuchs, Frau Timm und Herr Weber begleiteten die Schülerinnen und Schüler. Obwohl an diesem Tag mit Beeinträchtigungen durch die Proteste der Bauern zu rechnen war, beförderte uns ohne Stau und Komplikationen das Busunternehmen Schramm aus Wonfurt sicher durch den verschneiten Thüringer Wald nach Erfurt. Am Domplatz angekommen, war es nur ein Steinwurf weit, um zu Fuß die Gedenkstätte in der Andreasstraße zu erreichen. In der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt wurden wir durch einen Feueralarm, der sich als Fehlalarm herausstellte, empfangen. Herzlich begrüßt wurden die Schülerinnen und Schüler von zwei Museumspädagogen, die unsere Reisegruppe sehr kompetent durch die Gedenkstätte führten. An verschiedenen Stationen vermittelten die Historiker einen kurzen Überblick, der sich von der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, über die Gründung der DDR, bis zur Friedlichen Revolution im Herbst 1989 erstreckte. Im Zentrum der Führung stand die Allmacht der SED, die in alle Bereiche des Lebens in der DDR massiv hineinwirkte. Die SED stützte sich hierbei auf den Unterdrückungsapparat des DDR-Geheimdienstes, auf das Ministerium für Staatssicherheit, Die Funktion der Staatssicherheit, der Stasi, bestand unter anderem darin, die Macht der SED abzusichern und die Bevölkerung mit offiziellen und inoffiziellen Mitarbeitern auszuspionieren. Wer ins Visier des DDR-Geheimdienstes geriet, wurde verhaftet, verhört, verurteilt und eingesperrt. Im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Andreasstraße wurde durch die Museumspädagogen verdeutlicht, wie im Einzelnen die Stasi vorging, um unbequeme Andersdenkende zu überführen und zu inhaftieren. Das Innere der Gefängniszellen im Original zeitigte eine besonders bedrückende Wirkung auf die Schüler, die eine ungefähre Vorstellung über die Haftbedingungen für die Insassen erhielten. Im interessanten zweiten Teil der Exkursion, dem Zeitzeugengespräch, eröffnete sich den Schülern die Möglichkeit, einen ehemaligen Gefängnisinsassen zu erleben. Nach der Vorstellung seiner katholisch geprägten Biografie sprach der Zeitzeuge sein „Verbrechen“ an, das darin bestand, als 18-Jähriger mit Schulkreide den Schriftzug „Es lebe der 17. Juni“ auf eine Straße in Gotha geschrieben zu haben. (Anmerkung: Das SED-Unrechtsregime sollte durch den Volksaufstand am 17. Juni 1953 gestürzt werden. Russische Panzer schlugen den Aufstand blutig nieder.) Nachdem er durch die Stasi als „Täter“ ermittelt worden war, wurde der damals junge Mann in das Erfurter Stasi-Untersuchungsgefängnis gebracht. Wegen „staatsfeindlicher Hetze“ verurteilte die DDR-Justiz den Jugendlichen 1978 zu einem Jahr Gefängnis. Die Strafe saß er in der Andreasstraße ab. Nach seinen Ausführungen hatten die aufmerksamen Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, dem Zeitzeugen Fragen zu stellen, wovon sie in der Weise Gebrauch machten, dass die angesetzte Zeit überschritten wurde. Die Schüler interessierte vor allem, wie der Zeitzeuge die Haft in der Zelle physisch und psychisch verkraftet habe. Darauf entgegnete er, dass er nicht als gebrochener Mann das Gefängnis verlassen habe. Zum Schluss des Gesprächs appellierte der Zeitzeuge an die Schüler, sich in dieser bewegten Zeit für das hohe Gut „Demokratie“ einzusetzen. Mit einem kräftigen Applaus endete der spannende Vortrag. Bevor die Heimreise nach Schweinfurt angetreten wurde, durften die Schüler kurz die Gelegenheit nutzen, die sehenswerte Erfurter Innenstadt kennenzulernen. Die von den Schülern gewonnenen Eindrücke werden in einer intensiven Nachbereitung der Exkursion das Fach Geschichte bestimmt bereichern.
P. Weber